unsichtbare Sprungmarke;

Was unsere Pfarrei so besonders macht

„Dort hinten.“ Von wegen! Die Pfarrei „St. Marien“ Zittau ist die Stelle, wo für das Bistum Dresden-Meißen die Sonne aufgeht. Das können Sie ruhig in mehrfacher Hinsicht verstehen. Selbstverständlich werden bei uns vor allem die Dinge erledigt, die Seelsorge ausmachen: Feier der Gottesdienste, Sakramentenspendung, caritative Dienste. Doch wenn das weltbekannte Große Zittauer Fastentuch erklärt wird, sind wir mit von der Partie. Wenn die Ostritzer Friedensfeste Signale für Toleranz und Frieden aussenden, ist der größte Teil der rührigen Organisatoren katholisch. Wenn in Herrnhut der Christenrat tagt, beraten Katholiken mit Vertretern der weltumspannenden Brüdergemeine. Und im Kloster St. Marienthal sind seit fast 800 Jahren Frauen auf ganz eigene Weise auf Gottsuche. Besonders machen unsere Pfarrei auch die sehenswerten Gotteshäuser und einmalige Höhepunkte im Kirchenjahr, von denen wir hier einige vorstellen.

Aus großer Vergangenheit Kraft für das Heute

Wer den Altarraum der schönen Ostritzer Kirche näher betrachtet, wird feststellen, dass die Wände krumm und bucklig sind. Kein Wunder: Der Besucher steht in einer der ältesten Kirchen des Bistums Dresden-Meißen und darf sich bis in die erste Hälfte des 13. Jh. zurückversetzt fühlen. Klar, dass diese – von ihrem Ursprung her – uralte Gemeinde wertvolle Traditionen pflegt: Herausragend gewiss am Ostersonntag das Saatreiten, aber auch die Skapulierbruderschaft, Bittage mit Prozessionen um die Kirche und der Gelübdetag zum Dank für die Bewahrung vor einem Unwetter 1773. Doch die Ostritzer blicken nicht nur zurück: das soziale Engagement dieser relativ kleinen Gemeinde ist erstaunlich: Vom Caritasverband des Bistums getragen, befinden sich im Pfarreigebiet ein deutsch-polnisches Kinderhaus, ein Altenpflegeheim und eine Sozialstation. Und nicht zu vergessen, dass zu Ostritz auch die Zisterzienserinnenabtei St. Marienthal gehört.

Weiß, schwarz und bunt

Man mag es fast nicht glauben, dass bei der Einweihung der Zittauer Marienkirche 1890 von der „Weißen Kirche“ die Rede war. In Dampflokzeiten die Bahnhofsnähe und der Ruß aus dem nahen Kraftwerk Hirschfelde halfen dem sowieso natürlichen Verwitterungsprozess des Sandsteins kräftig nach – und ließen eine „Schwarze Kirche“ entstehen. Glanzpunkte sind in ihr die leuchtenden Fenster der berühmten Firma Türcke & Schlein und außen der mit 72 m höchste Turm der Stadt. Ein weiteres Bauwerk der Pfarrei verdient Erwähnung: 2002 wurde die Kapelle in Olbersdorf als zweite original erbaute „Communiokirche“ Deutschlands geweiht. Pilger auf dem „Zittauer Jakobsweg“ übernachten gern im „Pilgerhäusl“ in Hirschfelde neben der dortigen katholischen Kirche. Die Lage im Dreiländereck Deutschland – Polen – Tschechien bringt naheliegender Weise grenzüberschreitende Aktivitäten mit sich: So den Kreuzweg in Deutschland oder Polen am Palmsonntag, die Wallfahrten (auch zu Fuß!) ins tschechische Haindorf (Hejnice) oder die ökumenische Andacht an besagtem Dreiländerpunkt.

Sparsam gebaut – und trotzdem schön

Wer durch Selzthal in der Steiermark fährt, wird vielleicht nervös in seinen Taschen nach der Fahrkarte kramen, um sicherzugehen, dass er im richtigen Zug sitzt und nicht etwa von Dresden nach Görlitz unterwegs ist. Denn die beiden Kirchen in Österreich und in Löbau wurden auf den Zentimeter genau baugleich nach den Plänen eines Benediktinerpaters aus dem Emmauskloster in Prag errichtet. Das Löbauer Gotteshaus wurde 1892 geweiht. Sehenswert ist die Ausmalung des Innenraumes. Viele Leute haben allerdings den Eindruck, dass die Kirche verkehrtherum steht, denn das Hauptportal ist quasi nur die „Hintertür“. „Schuld daran“ ist ein nicht realisiertes Straßenbauprojekt. In der Pfarrei Zittau ist die Gemeinde von Löbau die der weiten Wege. In der Ökumene weist sie eine Besonderheit auf: Im Gemeindegebiet liegt Herrnhut, die Stadt der Brüdergemeine. Sie ist bekannt durch die Losungen und die Sterne, die an vielen Gebäuden in der Advents- und Weihnachtszeit leuchten.

Saatreiter, die die Osterbotschaft in Ostritz verkünden
Fastentuch in der Zittauer Kirche „Mariä Heimungsuchung“ – eine Kopie des Turiner Grabtuches
Innenraum der Herrnhuter Kirche "St. Bonifatius" – eine Hommage an die ebenso schlicht gehaltenen Kirchräume der Brüdergemeine

unsichtbare Sprungmarke;

Neugründung am 7. Juli 2019

Kein leichter Gang

Am 7. Juli 2019 wurde die Pfarrei „St. Marien“ Zittau aus den bisherigen Pfarreien Löbau, Ostritz und Zittau gegründet. Man würde sich etwas vormachen, wollte man glauben, diese Pfarreigründung wäre mit fliegenden Fahnen geschehen.

Besonders in Ostritz war verständliche Wehmut zu spüren. Die dortige Pfarrei wurde Anfang des 13. Jh. gegründet und bestand ohne Unterbrechung bis zum 6. Juli 2019. Eine stolze Geschichte! Die Pfarrei überstand die Überfälle der Hussiten, alle weiteren Kriege und Feindseligkeiten, die christenfeindlichen Ideologien der Nazis und des Kommunismus. Dass sich die Reformation in Ostritz nicht durchsetzen konnte, ist wohl vor allem dem Umstand geschuldet, dass die Stadt unter dem Patronat der Abtei St. Marienthal stand. Und nun setzte die eigene katholische Kirche den Schlusspunkt für die Eigenständigkeit; das muss man erst einmal verdauen. Selbstverständlich waren auch Löbau und Zittau Städte mit einem reichen, blühenden Glaubensleben, wovon bis heute – jetzt freilich unterschiedlich genutzte – Kirchen und Klöster zeugen. Allerdings endete mit der Reformation in beiden Orten das Christentum in katholischer Ausprägung. Die Grundsteine für neue katholische Kirchen wurden 1883 in Zittau, 1890 in Löbau gelegt.

Auch die Löbauer mussten sich erst einmal an den Gedanken gewöhnen, ihren weiteren Glaubensweg gemeinsam mit den Ostritzern und Zittauern zu gehen. Vor nicht allzu langer Zeit gehörte man nicht einmal demselben Dekanat an und die Ausrichtungen waren entsprechend unterschiedlich. Doch man darf sich getrost daran erinnern, dass das Miteinander gar nicht so neu ist, denn die Impulse für das Aufleben des katholischen Glaubens in Zittau gingen von Strahwalde aus: 1778 Bau der dortigen privaten Schlosskapelle, wenig später Einsetzen des Kaplans, der dann der erste Pfarrer von Zittau wurde. Strahwalde lag jedoch bislang im Pfarreigebiet von Löbau…

Vielleicht haben es die Zittauer am leichtesten, den Zusammenschluss zu akzeptieren. Doch gerade deshalb wird man erwarten dürfen, dass sie die Gemeinden aus Löbau und Ostritz herzlich unter dem Dach der Pfarrei Zittau empfangen und wohlwollend miteinander in die Zukunft gehen.

„Eine Pfarrei – drei Gemeinden“

Selbstverständlich bedeutet ein Zusammenschluss von Pfarreien nicht nur Verlust. Er eröffnet auch neue Möglichkeiten. Doch darüber soll hier nicht spekuliert werden. Es sei jedoch ein Gedanke der Apostelgeschichte hier aufgenommen: Als Paulus und Barnabas von der Ersten Missionsreise nach Antiochia zurückkehrten, kamen sie in die Stadt, „in der man sie für das Werk, das sie vollbracht hatten, der Gnade Gottes übereignet hatte“ (Apg 14, 26). Genau das ist der neuen Pfarrei Zittau zu wünschen, dass sie sich der Gnade Gottes „übereignet“; ein grandioses Wort!

Eine ganz praktische Anregung kann dabei mit auf den Weg genommen werden. Es erstaunt und beeindruckt, dass sowohl in Löbau als auch in Zittau Gemeindeleben entstand, ehe die Pfarreien gegründet wurden. Hier ist es nachzuweisen und in Ostritz wird es vor vielen Jahrhunderten nicht anders gewesen sein. Gemeindeleben wird nicht erst durch Strukturen ermöglicht, sondern im Idealfall unterstützt. Deshalb ist das Konzept „Eine Pfarrei – drei Gemeinden“ zweifelsohne zukunftsträchtig. Freilich sollten sich die Gemeindemitglieder vor Augen halten, dass unsere Vorfahren im katholischen Glauben seinerzeit gesagt haben: Wir wollen, wir brauchen, um leben zu können, Gottesdienst, Religionsunterricht, Vereinsleben. Und nicht: alles nicht so wichtig. Kostet nur Zeit. Sollen das mal die anderen machen! Inspiriert vom Eifer derjenigen, die seit Jahrhunderten hier in unserer Heimat den Glauben gelebt und bezeugt haben und durch ihn gestärkt wurden, sollten doch auch die drei Gemeinden der Pfarrei Zittau, getragen von Gottes Gnade, reiche Frucht bringen!

Das Fest zur Gründung

Die Gemeinde beging die Gründung am 7. Juli 2019 als großes Fest. Zunächst wurden durch Bischof Heinrich Timmerevers die Kirchenbücher der bisherigen Pfarreien geschlossen und die Siegel eingezogen. Höhepunkt des Programms war das feierliche Pontifikalamt in der Zittauer Marienkirche mit zahlreichen Gästen. Im Gottesdienst übergab der Bischof die Gründungsurkunde, die neuen Kirchenbücher und das neue Siegel. Außerdem wurden zahlreiche Berufungsurkunden überreicht: an die pastoralen Mitarbeiter, an die Kommunion- und Diakonatshelfer sowie an die Gottesdienstbeauftragten und an die Mitglieder des neuen gemeinsamen Kirchenrats. Nach dem Mittagessen folgte ein buntes Programm für Jung und Alt sowie die Dankandacht.  » weitere Fotos

unsichtbare Sprungmarke;

Patronat, Siegel, Leitspruch

Maria, breit den Mantel aus

Ein Zisterziensermönch im Mittelalter war zunächst sehr verwundert, als er in einer Vision im Himmel keinen seiner Mitbrüder vorfand, bis Maria ihren Mantel lüftete, wo alle Getreuen versammelt waren. Es lag nahe, für die Pfarrei Zittau „St. Marien“ als Patronat zu wählen, da die bis dato selbständigen Pfarreien alle ein Marien-Patronat besaßen: Löbau „Mariä Namen“, Ostritz „Mariä Himmelfahrt“, Zittau „Mariä Heimsuchung“. In der bildenden Kunst begegnet uns das Schutzmantelmadonna-Motiv seit dem 13. Jh. Es basiert allgemein auf dem Rechtsbrauch des Mantelschutzes, wonach vor allem hochstehende Frauen einer Person durch Bedecken mit dem Mantel rechtlichen Schutz gewährten. Der Mantel ist also ein Symbol des Schutzes.

Sternenglanz

Man hätte Maria im Logo der Pfarrei Zittau auf unterschiedlichste Weise darstellen können: mit dem Jesuskind auf dem Arm, als Pieta oder einer alten geistlichen Tradition entsprechend, als Königin. Doch weil sich im Wunsch nach Beschütztwerden die meisten Menschen wiederfinden, wurde das Schutzmantelmadonna-Motiv gewählt. Für die Genehmigung des Siegels durch die vorgesetzte Behörde musste Maria nachträglich noch einen Heiligenschein bekommen. Doch eigentlich ist das eine Doppelung. Neben Johannes Nepomuk mit fünf Sternen ist Maria die einzige Heilige, die einen Sternenkranz um ihr Haupt trägt. Auf dem Logo sind die zwölf Sterne (vgl. Offb 12, 1) lediglich anders angeordnet. Zwei Dinge lassen sich herauslesen: Die zwölf Sterne wiederholen sich in der Europaflagge, so dass an die Lage Zittaus im Dreiländereck  Deutschland, Polen, Tschechien erinnert wird. Darunter sind drei weiße Sterne zu erkennen. Sie stehen für die bisher selbständigen Pfarreien Löbau, Ostritz und Zittau.

Auf der Straße der Liebe

Während des „Erkundungsprozesses“ gab sich die Verantwortungsgemeinschaft das Leitwort: „Ein Leib – viele Glieder“ (vgl. 1 Kor 12, 12). Dieser Leib entsteht nicht dadurch, dass sich bislang eigenständige Pfarreien oder einfach irgendwelche Menschen zusammenschließen. Er besteht, seitdem Jesus von Nazareth auf Erden lebte und Menschen werden durch die Taufe in ihn eingefügt. Paulus betont den notwendigen Beitrag jedes einzelnen Gliedes, damit der Leib überhaupt Leib sein und Wirkung zeigen kann. Das zeigt die Wichtigkeit der Ortsgemeinde, bewahrt sie jedoch auch davor, im eigenen Saft zu schmoren. Denn die Umrisse des Leibes sind nicht identisch mit den Grenzen der Pfarrei. Ein gesunder Körper ist nur dann lebendig und funktionstüchtig, wenn die Balance zwischen Einheit und Vielfalt gehalten wird. Paulus beendet das 12. Kapitel des 1. Korintherbriefes mit dem Hinweis, dass er der Gemeinde „einen überragenden Weg“ (1 Kor 12, 31) zeigen will. Will sagen: Auch die Pfarrei Zittau „hat nicht fertig“ (Giovanni Trapattoni), sondern wir werden Leib. Die Gemeinde wächst aus Christus und auf Christus hin. Und besagter „überragende Weg“ dafür ist die Liebe (vgl. 1 Kor 13, 1 - 13).

unsichtbare Sprungmarke;

Die Pfarrei in Zahlen

Die Angaben beziehen sich auf das Jahr 2019.

Gemeinde Zittau

Fläche: 163,7 km²
Einwohner: 38.814
Mitglieder laut Kartei: 1.828
Anteil Katholiken: 4,9%

Taufen: 12
Erstkommunion: 15
Trauungen: 4
Beerdigungen: 17
Austritte: 15

Gemeinde Löbau

Fläche: 303,4 km²
Einwohner: 34.377
Mitglieder laut Kartei: 1.209
Anteil Katholiken: 3,6%

Taufen: 4
Erstkommunion: 12
Trauungen: 1
Beerdigungen: 21
Austritte: 7

Gemeinde Ostritz

Fläche: 123,1 km²
Einwohner: 8.388
Mitglieder laut Kartei: 1.033
Anteil Katholiken: 12,5%

Taufen: 12
Erstkommunion: 10
Trauungen: 3
Beerdigungen: 14
Austritte: 7

Gesamtpfarrei

Fläche: 590,2 km²
Einwohner: 81.579
Mitglieder laut Kartei: 4.070
Anteil Katholiken: 5,1%

Taufen: 28
Erstkommunion: 37
Trauungen: 8
Beerdigungen: 52
Austritte: 29

unsichtbare Sprungmarke;

Karte des Pfarreigebiets

Karte des Pfarreigebiets

© Texte: Michael Dittrich
© Foto und Karte: Jeannette Gosteli